Hallo aus Finnland: 1. Bericht

Nun sind wir also hier, im Land von Tarja’s Mutter und 5,5 Millionen anderen Finnen.

Einmal durch Deutschland durch

Von Lindau nach Travemünde ging es in einem Stück ohne Probleme durch. Honeybun schnurrte wie eine Rennkatze über die deutschen Autobahnen und hat sich schon mal eingefahren für weitere Kilometer auf finnischen Strassen.
In Lübeck durfte dann Cora am Strand das erste Bad in der Ostsee nehmen und feststellen, dass das Wasser zum trinken nicht geeignet ist, zu salzig. Am Hafenterminal in Travemünde konnten wir uns dann nach unserer Ankunft direkt in die Warteschlange für die Fähre nach Helsinki einordnen und der Check In-Agent bereitete uns darauf vor, dass wir erst gegen 1 Uhr nachts aufs Schiff könnten. Also hatten wir noch ca. 4 Stunden Wartezeit vor uns, die wir mit packen der Schiffsreisetasche und schlafen verbringen wollten – wir haben unser Bett ja schliesslich immer dabei…

Wie gut, dass Tarja gegen 23 Uhr von allgemeiner Unruhe in der Warteschlagne wieder aufwachte und als auch ich meine Äuglein öffnete, hörten wir auch schon, wie eine Gruppe von ca. 20 Harley Davidson Fahrer ihre Maschinen anliessen (was für ein cooler Sound!) – es ging los auf’s Schiff. Auch jetzt war ich noch davon überzeugt, dass wir noch warten mussten, stand doch sowohl auf den Informationen über das Check in, als auch in den allgemeinen Infos und die Aussage des Agenten dafür, dass Lastwagen und Wohnmobile erst als allerletztes aufs Schiff dürften. So weit so gut. Knappe 30 Minuten später holte dann aber der Einweiser das Wohnmobil vor uns in der Schlange weg, es durfte auf’s Schiff. Jetzt war bei uns Aufregung und vor allem Flexibilität angesagt: Tarja rief immer wieder „Kirsten, es geht los“ während ich antwortete „ich hab noch keine Schuhe an und strumpfsockig kann ich nicht fahren…“ Kaum waren die Schuhe gefunden und angezogen fand ich meinen Zündschlüssel nicht mehr. Und ausserdem hatte ich mein Handy ja als Wecker gestellt, der Alarm konnte auch jederzeit losgehen und würde unseren Stresspegel noch erhöhen. Also Handy finden, Alarm ausschalten, Handy in die Handtasche (damit ich es wieder finde) und nach vorne gekrabbelt, als der Einweiser uns auch schon zur Markierungslinie vorwinkte. Dort standen wir dann und ich war immer noch felsenfest der Meinung, wir müssten noch warten. Machte also den Motor wieder aus und wollte es mir gemütlich machen, als uns der winkende Mann vor uns begrifflich machte, dass wir los sollten. Huch! Jetzt schon? Nun gut. Ich sass ja noch auf meinem Fahrersitz. Also los.

Im Gänsemarsch durfte ich also zwischen den PKWs auf’s Schiff hoch, Deck 7. Schön und gut. Dort wartete dann schon ein weiterer freundlicher Einweiser auf uns und bedeutete uns mit kreisenden Bewegungen seiner Hände, dass wir nun rückwärts in eine Lücke zwischen andere Busse und Lieferwagen fahren sollten. RÜCKWÄRTS? Mit einem Wohnmobil das 6,70 m lang ist und ich rückwärtsfahren wann immer vermeide?? In diese schmale Lücke??? Zur Sicherheit fragte ich ihn nochmals und er fand die Idee immer noch gut. Und nun, nun kam die Kür!
Rückfahrkamera an, Tarja am rechten Aussenspiegel, Einweiser hinter uns, so dass wir ihn in den Spiegeln sehen konnten, Fenster auf, damit wir seine Anweisungen hörten und dann, dann sind wir sowas von geschmeidig, sicher, perfekt und auf Anhieb in diese Lücke gefahren, dass er sogar danach ans Fenster kam und uns ein „excellent“ als das höchste Lob für weibliche Wohnmobilfahrerinnen gab. Das war der Ritterschlag! Und ich super stolz…

Fährerfahrungen und Hundesandkasten

Auf Deck 7 fand sich auf diesem Finnlines Schiff das Hundedeck. Hier stehen Hundehaltern Kabinen für sich und ihre Hunde zur Verfügung und hier befinden sich auch die Aussenbereiche für die Hunde, um ihre Geschäfte zu verrichten. Es gibt auf jeder Schiffsseite einen solchen Aussenbereich, beide sind gleich nüchtern. Es ist das Schiffsseitendeck in dessen Mitte ein Sandkasten von ca. 2.5 × 1.5 m Grösse steht, der Boden bedeckt mit einer dünnen Schicht Kies und in der Mitte ein dicker Ast, der in den Himmel ragt, der Rüden dazu animieren soll, dran zu pinkeln. Schöne Idee. Die Ausführung verlangt nach Verbesserung. Zwar verstehen die Hunde recht schnell, dass dieses Viereck für sie ist, jedoch stinkt es so enorm nach Urin, dass fast alle Hunde, die ich dort gesehen habe, dort nicht reinpieseln wollen. Also bleibt nur das Deck, das dann auch von den Hunden genutzt wurde. Grössere Hinterlassenschaften waren ja einfach aufzunehmen, die Urinlachen mussten wir leider liegen lassen. Da wir ja sozusagen auch als Tester dieser Hundeanlagen auf’s Schiff sind, werden wir der Schiffsgesellschaft noch Verbesserungsvorschläge zukommen lassen.

29 Stunden dauert die Überfahrt. Zweimal schlafen, einen ganzen Tag auf der Ostsee, Ankunft morgens um 9 Uhr in Helsinki. Die Kabinen sind geräumig mit 2-3 Betten, Dusche und WC, Schränken und Fernseher. Genügend Platz auch für Cora, die es sich in ihrem Hundebettchen gemütlich machte. Vom Schiffslärm hört man fast nichts, ausser ein beruhigendes Wummern, das einen sogar in den Schlaf wummt. Wir hatten viel Glück mit dem Wetter, Sonnenschein, kaum Wind und dadurch ruhige See – guter Start. Obwohl recht viele Leute an Bord waren, hat sich alles gut verlaufen, selbst auf dem Hundedeck waren nur selten Hunde anzutreffen – nun ja, war ja auch nicht der einladendste Ort. Ausser dem Hundedeck, gab es noch 4 Decks darüber einen Aussenbereich mit Bestuhlung und Sonnenliegen. Dort waren Hunde allerdings nicht erlaubt. Aber: dort war auch die Sauna! Also rein.

Sauna getrennt, Ruhebereich lebhaft

Die Saunen auf dem Schiff sind nach Geschlechtern getrennt, haben je eine Sauna für ca. 20 Leute sowie einen Wirlpool. Schön, sauber, super, kostenlos. Wir hatten Glück und waren insgesamt nur 4 Damen. Entspannt genossen wir die Hitze, die Ruhe und die private Atmosphäre. Ich hab’ Tarja noch gefragt, wo denn dann der Ruheraum sei und sie antwortete, es gehe durch diese eine Tür raus auf’s Sonnendeck. Dort seien Stühle und da könne man sich hinsetzen. „Prima“ dachte ich. Also rein in den Bademantel (wie gut, dass ich ihn dabei hatte!!!!) und raus in den ruhigen, entspannenden Ruhebereich an der frischen Luft. Grösser hätte meine Überraschung nicht sein können! Ich stand direkt und mitten auf dem Sonnendeck. Neben mir eine Gruppe finnischer Harley Davidson Fahrer, die bereits das ein oder andere Bier intus hatten, rechts ein einzelner männlicher Reisender, der an seiner Zigarette zog, vor mir das ganze grosse, gut besuchte Sonnendeck mit all den komplett angezogenen Menschen drauf. Ich allein mitten drin – im Bademantel, mit hochrotem Kopf von der Hitze, mit keiner Frisur weil Sauna, tropfend weil gerade kalt geduscht. Hm.

Zu meiner Beruhigung sah ich dann aber an einem Tisch weiter weg zwei Männer sitzen, deren einzige Bekleidung ein um die Hüften gewickeltes Saunatuch war. Noch nie war ich so glücklich, halbbekleidete Männer beim Biertrinken zu sehen – ich war also doch nicht allein, hatte mich also doch nicht in der Tür geirrt und fühlte mich schon sicherer. Das Bier, das in Finnland zum Saunabesuch dazu gehört, das habe ich mich dann aber doch nicht getraut an der Bar im Schiffsinneren zu holen… Nach dem ersten Schock und der Beobachtung der Menschen um mich herum, stellte ich fest, dass sich keiner besonders für mich interessiert. Scheinbar sind die Finnen immer, jederzeit und überall Menschen in Bademänteln oder Handtüchern gewohnt. Uff! Kaum war mir das klar geworden, fand ich dieses mitten drin sitzen, den Umgang der Menschen mit Saunagästen und die Selbstverständlichkeit dieses Anblickes grossartig! Und es war eine eindrückliche Lektion in Sachen „sei so wie du bist, du bist gut so“.

Helsinki bewegt

Der Campingplatz in Helsinki war schnell gefunden, Honeybun installieren, Kaffee trinken, Umgebung mit Cora erkunden. Der Campingplatz Rastila ist riesig, liegt an einer kleinen Bucht mit wunderbaren Spaziermöglichkeiten mit Hund und ohne. Wald, Wasser und Wiesen prägen das Bild. Der Platz an sich ist riesig und wir stehen hier mit unseren Mobilen in Reih’ und Glied. Eigentlich nicht so unseres. Jedoch solange Tarja in Helsinki noch zu tun hat, halten wir es wohl noch aus. Jetzt aber erst mal los in die Innenstadt. Mit der Metro direkt vom Campingplatz aus in 18 Minuten in die Innenstadt – cool. Helsinki brodelt und funktioniert wie andere Grossstädte. Grosse, teilweise wunderschöne Gebäude aus der Zarenzeit, eine Strassenbahn, einen Prachtboulevard, den Hafen mit Marktständen und eine wunderschöne Markthalle sahen wir an unserem Ankunftstag. Und platzen rein ins Sambafestival. Ein Umzug von Sambaschulen aus ganz Finnland, stilecht mit dekorierten Wägen und bunt gekleideten Tänzerinnen und Tänzern, die bei strahlendem Sonnenschein die Esplanadi, den Prachtboulevard, entlang tänzelnten. Auch hier ging die Lektion „sei wie du bist“ weiter. Würde man doch unter den Tänzerinnen schlanke, durchtrainierte und wohlproportionierte Damen erwarten, so bekommt man stattdessen einen Querschnitt aller Figuren, Grössen, Gewichtsklassen, Auswölbungen zu sehen. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass gerade die nicht so perfekten Frauen am meisten Spass hatten, sich zu zeigen. Zu zeigen was sie hatten. Die Hüften, den Bauch, den Busen, den Po. Grossartig! Ich mag die Finnen jetzt schon.